Ummuahmed über Diskriminierung und Prekarität in Istanbul

Ummuahmed floh 2012 zusammen mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien und lebt seitdem in Istanbul, wo sie einen kleinen Laden betreibt. In diesem Interviewabschnitt sprechen sie und ihr Mann Ebuahmed über Diskriminierungserfahrungen und ihre Schutzlosigkeit gegenüber Rechtsverletzungen.

Ummuahmad in Istanbul, 2021. Privates Foto.

Es gibt viele böse Menschen um uns herum, Syrer:innen und Türk:innen, die versucht haben, unseren Laden zu schließen, sie haben versucht, das zu tun. Aber wir sind gute Menschen, wir haben ein gutes Herz, wir sind sehr gastfreundlich. Wenn jemand etwas braucht, versuchen wir, ihn oder sie zu unterstützen. Viele Leute haben versucht, den Laden zu schließen und Brot daraus zu stehlen.

Wir wurden dreimal bestohlen, aber wir konnten nichts dagegen tun. Denn wenn wir etwas gegen einige Leute unternehmen, dann werden sie wiederum etwas gegen uns unternehmen. Wir wussten uns also nicht zu helfen, als das Telefon meines Sohnes zwei Mal von der Ladentheke gestohlen wurde. Er saß dort mit seinem Vater und jemand kam und stahl das Telefon. Wir konnten nicht wirklich wissen, wer es war.

Einige der Nachbarn hier fragen uns immer: „Warum habt ihr so viele Kinder im Haus?“ Sie vermuten, dass ich mein Haus für junge Männer oder junge Leute vermiete. Denn sie sagen: „Ihr habt neun Kinder, wie könnt ihr neun Kinder haben?“ Für sie war es seltsam, so viele Kinder in einem Haus zu haben. […]

Ebuahmed (der Ehemann von Ummuahmed): Ich würde gerne etwas hinzufügen. Wir sind Fremde hier. Selbst wenn jemand unsere Rechte verletzt oder uns Unrecht tut, können wir unsere Rechte nicht einfordern, wir können nichts unternehmen, denn wenn wir irgendetwas unternehmen, werden wir vielleicht deportiert. Wenn uns also etwas zustößt, wenn uns jemand etwas antut oder unsere Rechte verletzt, dann versuchen wir, das einfach zu ignorieren und darüber hinwegzugehen. Aber wenn wir etwas tun, haben wir vielleicht mehr Schwierigkeiten, mit unserem Leben hier oder mit anderen Dingen. Das ist die Situation für uns.

Ummuahmed: Ich habe eine Erinnerung, die ich nicht vergessen kann: Vor ein paar Jahren haben wir auf unserem Balkon gegrillt. Wir haben einen Innenbalkon. In unserer Kultur ist Grillen außerhalb des Hauses etwas, das wir nicht mögen. Also grillen wir auf unserem Balkon, innerhalb des Hauses, und niemand muss sich darum kümmern. Aber als wir anfingen zu grillen, kamen alle Nachbarn zu unserem Haus, sie klopften an die Tür, sie kamen auf den Balkon, sie kamen an unsere Fenster und sagten: „Was macht ihr da? Das ist falsch, das solltet ihr nicht tun!“ Also haben wir das Feuer ausgemacht und das Grillen unterbrochen. Diese Erinnerung kann ich nicht vergessen. Wir haben damit aufgehört, wir machen das nicht mehr. Wenn wir Barbecue essen wollen, bestellen wir es aus dem Restaurant. Wir wollen geliebt werden, wir wollen nicht, dass die Leute uns hassen. Wir mögen dieses Gefühl nicht. Weil wir mit ihnen in ihrem Land leben, sind wir über viele Dinge, die sie sagen oder tun, vorübergegangen, um ein gutes Verhältnis zu ihnen zu haben.

Ummuahmed floh 2012 zusammen mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien und lebt seitdem in Istanbul, wo sie einen kleinen Laden betreibt. In diesem Interviewabschnitt sprechen sie und ihr Mann Ebuahmed über Diskriminierungserfahrungen und ihre Schutzlosigkeit gegenüber Rechtsverletzungen.

Dieses Interview führte Elif Yenigün im Auftrag des We Refugees Archivs 2021 auf Arabisch und Englisch.

Übersetzung ins Englische: Elif Yenigün.

Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Minor Kontor.