Ismael Xol und seine unsichere Zukunft in den USA

Ismael Xol wurde in Xolcuay, El Quiché in Guatemala geboren und überquerte mit gerade eben 15 Jahren die Grenze in die USA. Ismael erhielt den DACA Status (Programm Deferred Action for Childhood Arrivals (DACA)), der es ihm erlaubte, legal in den USA zu leben und zu arbeiten. Mit der Präsidentschaft von Donald Trump wurde im Jahr 2017 dieses Programm beendet, aber ein Abschiebestopp vorerst beibehalten. Ab da lebte Ismael mit der großen Sorge, bald abgeschoben zu werden. Im Einwanderungsstreit hat US-Präsident Donald Trump jedoch eine Niederlage vor dem obersten Gerichtshof erlitten. Der Supreme Court hat im Jahr 2020 den Schutz vor einer Abschiebung für etwa 700.000 Einwander:innen bestätigt, die als Kinder in die USA gekommen waren.

I graduated with an associate degree in December, but I am still studying and hope to transfer to a four-year university. I only have temporary residency in the United States and a temporary authorization to work through DACA, which was set up by the Obama administration. I have to renew my status every two years and pay a fee. […]

Because of my job I have to travel to Oregon, Washington, and Alaska. We assist Guatemalans who live in the United States but don’t have the proper documents. The only document they might have is a valid Guatemalan passport. They can’t travel because they’re afraid something might happen.

I’d like to continue work to help my community. I’d like to major in political science, though I still have mixed feelings about that. I’m fond of it as a theory, but I need to involve myself more and do some­thing. I’ve never thought about teaching but I am considering working for the government to help the community, to make a change. […]

MAYBE I’LL BE DEPORTED

I’m sad to know the president [Donald Trump] has made this decision about DACA. It is unbelievable that this administration’s agenda is clearly to go backward instead of forward. lt’s no surprise to me though. This was going to happen; we just didn’t know when. But it’s hard for me right now to digest this news.

I quit the other organization after three years; it was time to make more money. I got a new full-time job. I’m processing visa applications for business executives. It’s not very meaningful.

I’m the only one of my siblings here who is on DACA.

I’m taking an English class and a history class. If everything works out as planned, I’m hoping to transfer to a university soon. But I think that DACA is over. Once my few years of work authorization are over next year, I guess I’ll leave this company as well. I don’t think I’ll be able to get my work authorization back. My DACA would have expired in 2019, but now I guess it’ll become invalid in March 2018. The expectation that in six months Congress will be able to create a replacement law and pass it is very unrealistic. 11This was an expectation expressed to Congress by former President Donald Trump in connection with his suspension of DACA. Now they have all of this damage from the hurricanes that have been happening, which is important to take care of as well, of course. With all of that going on, I don’t see how they can reform immigration law as well.

I have to live day to day not knowing if I’ll be able to keep working here, even living here. Maybe I’ll transfer to the university next year as planned, or maybe I’ll be deported back to Guatemala.

    Fußnoten

  • 1This was an expectation expressed to Congress by former President Donald Trump in connection with his suspension of DACA.

Ich habe im Dezember meinen Abschluss gemacht, aber ich studiere noch und hoffe, dass ich an eine vierjährige Universität wechseln kann. Ich habe nur einen befristeten Aufenthalt in den Vereinigten Staaten und eine befristete Arbeitsgenehmigung durch DACA, das von der Obama-Regierung eingerichtet wurde. Ich muss meinen Status alle zwei Jahre erneuern und eine Gebühr bezahlen. […]
Wegen meiner Arbeit muss ich nach Oregon, Washington und Alaska reisen. Wir helfen Guatemalteken, die in den Vereinigten Staaten leben, aber nicht über die richtigen Dokumente verfügen. Das einzige Dokument, das sie haben können, ist ein gültiger guatemaltekischer Reisepass. Sie können nicht reisen, weil sie Angst haben, dass etwas passieren könnte. […]

Ich würde gerne weiter arbeiten, um meiner Community zu helfen. Ich würde gerne Politikwissenschaften studieren […]. Ich habe noch nie darüber nachgedacht, zu unterrichten, aber ich denke darüber nach, für die Regierung zu arbeiten, um der Gemeinschaft zu helfen, um etwas zu verändern. […]

VIELLEICHT WERDE ICH ABGESCHOBEN

Dass der Präsident diese Entscheidung über DACA getroffen hat, macht mich traurig. Es ist unfassbar, dass die Agenda dieser Regierung ganz klar darin besteht, rückwärts statt vorwärts zu gehen. Es ist aber keine Überraschung für mich. Es war abzusehen, wir wussten nur nicht, wann es passieren würde. Aber es fällt mir im Moment schwer, diese Nachricht zu verdauen.

Ich habe bei der anderen Organisation nach drei Jahren gekündigt; es war an der Zeit, mehr Geld zu verdienen. Ich habe eine neue Vollzeitstelle bekommen. Ich bearbeite Visumsanträge für Führungskräfte aus der Wirtschaft. Das ist nicht gerade sinnstiftend.

Ich bin der einzige meiner Geschwister hier, der unter DACA ist. […] Ich belege einen Englischkurs und einen Geschichtskurs. Wenn alles wie geplant läuft, hoffe ich, bald an eine Universität wechseln zu können. Aber ich denke, dass DACA vorbei ist. Wenn meine paar Jahre Arbeitsgenehmigung nächstes Jahr vorbei sind, werde ich wohl auch dieses Unternehmen verlassen. Ich glaube nicht, dass ich meine Arbeitserlaubnis zurückbekommen werde. Meine DACA wäre 2019 ausgelaufen, aber jetzt wird sie wohl im März 2018 ungültig werden. Die Erwartung, dass der Kongress in sechs Monaten in der Lage sein wird, ein Ersatzgesetz zu schaffen und zu verabschieden, ist sehr unrealistisch. 11Diese Erwartung war vom damaligen Präsidenten Donald Trump in Verbindung mit der Aussetzung von DACA gegenüber dem Kongress formuliert worden. Jetzt kommen noch die ganzen Schäden durch die Hurrikane hinzu, um die man sich natürlich auch noch kümmern muss. Bei all dem sehe ich nicht, wie sie auch noch das Einwanderungsrecht reformieren können.

Ich muss von Tag zu Tag damit leben, dass ich nicht weiß, ob ich hier weiter arbeiten oder sogar leben kann. Vielleicht werde ich nächstes Jahr wie geplant an die Universität wechseln, vielleicht werde ich aber auch zurück nach Guatemala abgeschoben.

    Fußnoten

  • 1Diese Erwartung war vom damaligen Präsidenten Donald Trump in Verbindung mit der Aussetzung von DACA gegenüber dem Kongress formuliert worden.

Neben Armut und Perspektivlosigkeit ist die Angst vor (Strassengang-)Gewalt für viele Menschen aus Mittelamerika ein zentraler Fluchtgrund. In den USA leben rund 7,5 Millionen illegale Einwander:innen aus Mexiko und Zentralamerika. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) schätzt zudem, dass jährlich etwa 100.000 Migrant:innen aus El Salvador, Honduras und Guatemala in den USA Asyl beantragen. Um einer Verhaftung zu entgehen, müssen die Geflüchteten Schmuggler, sogenannte coyote, bezahlen, Grenzbeamte bestechen und riskante Fluchtwege nehmen. Während ihrer Flucht werden die Migrant:innen immer wieder entführt, misshandelt und sexuell missbraucht. Viele gelten als vermisst. Ende 2018 bildete sich deshalb in Honduras ein großer Migrationszug, dem sich Tausende von Menschen aus El Salvador und Guatemala anschlossen, um im Schutz der Menge und zu Fuß über Mexiko in die USA zu gelangen. Ihnen wurde jedoch die Einreise an der Grenze mit der Begründung verweigert, sie kämen nicht aus einem Land, in dem Krieg herrscht, und hätten daher keinen Anspruch auf Asyl.

Ismael Xol wurde in Xolcuay, El Quiché in Guatemala geboren und überquerte mit gerade eben 15 Jahren die Grenze in die USA. Ismael erhielt den DACA Status (Programm Deferred Action for Childhood Arrivals (DACA)), der es ihm erlaubte, legal in den USA zu leben und zu arbeiten. Mit der Präsidentschaft von Donald Trump wurde im Jahr 2017 dieses Programm beendet, aber ein Abschiebestopp vorerst beibehalten. Ab da lebte Ismael mit der großen Sorge, bald abgeschoben zu werden. Im Einwanderungsstreit hat US-Präsident Donald Trump jedoch eine Niederlage vor dem obersten Gerichtshof erlitten. Der Supreme Court hat im Jahr 2020 den Schutz vor einer Abschiebung für etwa 700.000 Einwander:innen bestätigt, die als Kinder in die USA gekommen waren. Unter Präsident Biden sollte DACA wiederum per Durchführungsverordnung eingeführt werden; diesmal jedoch urteilte das Bundesgericht gegen eine Wiederaufnahme. Die Zukunft von DACA ist somit weiterhin ungewiss; derzeit ist das Programm nur für diejenigen ein Schutz, die sich bereits darin befinden.

Quelle: Mayers, Stevens / Freedman, Jonathan, 2019: Solito, Solita. Crossing Borders with Youth Refugees from Central America. Haymarker Books, Chicago. S. 234-237.

Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Minor Kontor / We Refugees Archiv.