Ummuahmed floh 2012 zusammen mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien und lebt seitdem in Istanbul, wo sie einen kleinen Laden betreibt. In diesem Interviewabschnitt spricht sie über die verschiedenen Unterstützungsstrukturen, die ihr und ihrer Familie halfen, sich ein Leben in Istanbul aufzubauen.
Ich wollte keine Hilfe von Nichtregierungsorganisationen oder staatlichen Stellen erhalten. Nach den drei Jahren, die wir hier verbrachten, bekamen wir unsere Personalausweise, und nachdem wir die Ausweise bekommen hatten, meldete ich mich beim Roten Halbmond an, um finanzielle Unterstützung zu erhalten. Die finanzielle Unterstützung reicht nur für drei Monate. Nach drei Monaten wurden die Kinder über 18, also wurde die Unterstützung eingestellt. Abgesehen davon bekommen wir Schulgeld für unseren jüngeren Sohn. Er bekommt alle zwei Monate 100 Lira. Ich arbeite mit meinem Mann in einem Minimarkt, dessen Besitzer wir sind. Einer meiner Söhne arbeitet, er gibt sein Gehalt an die Familie weiter, sodass wir von den Einnahmen des Ladens und seinem Gehalt leben.
Es ist ein syrischer Markt, wir haben viele syrische Waren in diesem kleinen Laden. Die syrischen Händler kommen mit Autos und geben uns Sachen, wir kaufen von ihnen und stellen sie in den Laden und verkaufen sie an syrische Leute, weil wir viele syrische Leute in dieser Nachbarschaft haben. Sie kommen also, um syrisches Brot und andere syrische Waren zu kaufen, sogar türkische Leute kommen und kaufen bei uns ein. Ja, wir kennen eine Menge Leute hier. Unsere Lebensbedingungen sind gut, nicht super. Der Laden versorgt die Familie, aber die Bedingungen sind nicht so toll. Wir helfen den Leuten, wir helfen den Leuten immer, wenn jemand Hilfe braucht. […]
Wir haben eine türkische Frau hier, die hat den Zwillingen etwas Arbeit gegeben. Sie hat ihnen ein paar Kleider geschenkt und sie kam zu uns, um zu arbeiten und danach kam sie als Freundin zu uns nach Hause. Sie hat uns gebeten, zu ihr nach Hause zu gehen, und wir haben ein paar Mal bei ihr zusammengesessen. Sie sieht mich als ihre Freundin. Sie sieht mich als Freundin, auf Augenhöhe. Bevor die Kinder Türkisch lernten, begleitete sie mich jedes Mal ins Krankenhaus, wenn wir eine Übersetzung brauchten, ohne Geld zu nehmen. Sie hat mich unterstützt, sie war eine gute Freundin. Sie hat meine Nummer, wir stehen über Nachrichten in Verbindung. Sie schickt mir Nachrichten und ich schicke ihr Nachrichten. Meine Kinder übersetzen für mich. Wir sind im gleichen Alter. Sie hat mich gebeten, ihr etwas aus dem Koran vorzulesen, wenn sie krank ist oder ähnliches. Wenn wir nach Mekka fahren, 11Gemeint ist die Hadsch, die Pilgerfahrt nach Mekka, die eine Säule des Islams ist und von Msulim:innen verrichtet werden soll, wenn es ihnen möglich ist. wird sie von mir gesegnet werden. Sie spricht Türkisch und ich verstehe sie. Wir versuchen, uns auf Türkisch zu verständigen, sie spricht kein Arabisch. Und ansonsten sprechen meine Töchter Türkisch. Sie kommuniziert mit mir in einfachen Sätzen und ich verstehe sie. Es ist schon lange her, 5-6 Monate haben wir uns nicht mehr gesehen. Aber im Ramadan schicken wir uns gegenseitig Dua 22Im Islam ist Dua ein Bittgebet. oder den Koran über Whatsapp. Letztes Jahr gingen wir gemeinsam in die Moschee zum Tarawih-Gebet. 33Das Tarawih-Gebet ist ein besonderes Gebet, bei dem lange Abschnitte aus dem Koran gelesen werden. Sunnitische Muslim:innen praktizieren es vor allem während des heiligen Monats Ramadan nach dem Nachtgebet. Aber dieses Jahr gibt es wegen Covid kein Tarawih, also…
Fußnoten
1Gemeint ist die Hadsch, die Pilgerfahrt nach Mekka, die eine Säule des Islams ist und von Msulim:innen verrichtet werden soll, wenn es ihnen möglich ist.
3Das Tarawih-Gebet ist ein besonderes Gebet, bei dem lange Abschnitte aus dem Koran gelesen werden. Sunnitische Muslim:innen praktizieren es vor allem während des heiligen Monats Ramadan nach dem Nachtgebet.
Ummuahmed floh 2012 zusammen mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien und lebt seitdem in Istanbul, wo sie einen kleinen Laden betreibt. In diesem Interviewabschnitt spricht sie über die verschiedenen Unterstützungsstrukturen, die ihr und ihrer Familie halfen, sich ein Leben in Istanbul aufzubauen.
Dieses Interview führte Elif Yenigün im Auftrag des We Refugees Archivs 2021 auf Arabisch und Englisch.
Übersetzung ins Englische: Elif Yenigün.
Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Minor Kontor.