Translation from French
Istanbul, August 27th, 1940
Through contributions which were received by the Grand Rabbinate it was possible to help a total of 356 persons between April 1 and August 15 of this year. A small number of these people received assistance only once.
157 persons have emigrated, mostly to Palestine, and the number at present lodged and fed by us has been reduced to 149. Up to now we have expended 16,275 Turkish Pounds. Lodging and feeding a single refugee costs approximately 27 Pounds monthly. In addition, there are expenses for permits to remain in the country, sickness and various unanticipated occurrences. We must therefore figure on a budget of about 4,000 Pounds monthly, plus visa fees and traveling expenses.
These expenses come to some 46.80 Pounds for an emigrant to Palestine, as follows:
16.80 third class to the Turkish border
22.00 trip to Palestine, including food, etc.
8.00 embarkation and visas
46.80 Pounds
Most of these refugees are of Polish nationality, coming chiefly from Italy where they were already emigrants. Some came here via Russia.
Besides these impoverished emigrants there are a considerable number of Polish refugees in town who possess funds. It is to be feared, however, that of these people have to stay longer, their funds will be exhausted and the number of refugees at our charge increased. It is also to be remembered that individual Jews of various nationalities come here occasionally and appeal to us.
As to possibilities of departure, only a few of the refugees hope to receive certificates for Palestine. In view of present circumstances we do not even know how far their hopes are justified. Emigration from here to other countries is practically out of the question.
We have continuously looked into the possibility of finding work for some of the refugees. We regret to state that our efforts have been unsuccessful, mainly because of the laws regulating foreign labor and also the fact that the emigrants to not speak the language.
Our funds are very limited since the Grand Rabbinate has recently been unable to obtain important contributions. If we do not receive large grants from abroad in the immediate future, we shall be compelled to cease our welfare work.
Stamp: Oct 21, 1940
Übersetzung aus dem Französischen
Istanbul, 27. August 1940
Durch Spenden, die beim Großrabbinat eingegangen sind, konnte zwischen dem 1. April und dem 15. August dieses Jahres insgesamt 356 Personen geholfen werden. Ein kleiner Teil dieser Personen hat nur einmal Hilfe erhalten.
157 Personen sind ausgewandert, die meisten nach Palästina, und die Zahl der von uns untergebrachten und verpflegten Personen hat sich auf 149 verringert. Bis jetzt haben wir 16.275 türkische Pfund ausgegeben. Die Unterbringung und Verpflegung eines einzelnen Geflüchteten kostet monatlich etwa 27 Pfund. Hinzu kommen Ausgaben für Aufenthaltsgenehmigungen, Krankheit und verschiedene unvorhergesehene Ereignisse. Wir müssen also mit einem Budget von etwa 4.000 Pfund monatlich rechnen, zuzüglich Visagebühren und Reisekosten.
Diese Kosten belaufen sich auf etwa 46,80 Pfund für einen Auswanderer nach Palästina, und zwar wie folgt:
16,80 dritte Klasse bis zur türkischen Grenze
22,00 Reise nach Palästina, einschließlich Verpflegung usw.
8,00 Einschiffung und Visum
46,80 Pfund
Die meisten dieser Geflüchteten sind polnischer Nationalität und kommen vor allem aus Italien, wo sie bereits Emigrant:innen waren. Einige sind über Russland hierher gekommen.
Neben diesen verarmten Auswanderer:innen gibt es eine beträchtliche Anzahl polnischer Geflüchteter in der Stadt, die über Geldmittel verfügen. Es ist jedoch zu befürchten, dass, wenn diese Menschen länger bleiben müssen, ihre Mittel erschöpft sind und die Zahl der Geflüchteten zu unseren Lasten steigt. Es ist auch zu bedenken, dass gelegentlich einzelne Juden verschiedener Nationalitäten zu uns kommen und sich an uns wenden.
Was die Ausreisemöglichkeiten anbelangt, so hoffen nur wenige der Geflüchteten, Bescheinigungen für Palästina zu erhalten. In Anbetracht der gegenwärtigen Umstände wissen wir nicht einmal, inwieweit ihre Hoffnungen gerechtfertigt sind. Eine Auswanderung von hier in andere Länder kommt praktisch nicht in Frage.
Wir haben uns ständig um die Möglichkeit bemüht, für einen Teil der Geflüchteten Arbeit zu finden. Wir bedauern, dass unsere Bemühungen erfolglos waren, vor allem wegen der Gesetze, die die ausländische Arbeit regeln, und auch wegen der Tatsache, dass die Emigranten die Sprache nicht sprechen.
Unsere Mittel sind sehr begrenzt, da das Großrabbinat in letzter Zeit nicht in der Lage war, wichtige Beiträge zu erhalten. Wenn wir in nächster Zeit keine größeren Zuschüsse aus dem Ausland erhalten, sind wir gezwungen, unsere Wohlfahrtsarbeit einzustellen.
Stempel: 21. Oktober 1940
Das American Jewish Joint Distribution Committee (kurz: JDC oder Joint) in Istanbul arbeitete vor allem daran, Jüdinnen:Juden, die hier aus Rumänien, wo u.a. sich auch viele polnische Jüdinnen:Juden um Weiterfahrt bemühten, Bulgarien, Ungarn, dem Balkan, der Ukraine oder auch Italien strandeten, vor Ort zu unterstützen und, wenn möglich, weiter nach Palästina zu schleusen. Mit der steigenden Zahl an Geflüchteten und dem sinkenden Budget des JDC stieß die Hilfsarbeit jedoch zunehmend an ihre Grenzen.
American Jewish Joint Distribution Committee Archives, Turkey: General, 1934 – 1943, Item ID: 530356, NY_AR3344_1047_2of2-1052_1of2_00684.pdf