Gerettete

Neue antisemitische Gewalt in Polen zwang nach der Befreiung zurückgekehrte jüdische Überlebende zur Flucht ins Ausland, darunter auch nach Berlin.

Mann in KZ-Häftlingskleidung beantragt Kleidung, 1945–1947 © bpk / Deutsches Historisches Museum / Gerhard Gronefeld

Unterkunft für jüdische DPs in der Oranienburger Straße, ca. 1946 © American Jewish Joint Distribution Committee Archives, NY_06593

Die zerstörte Gedächtniskirche fotografiert von einem alliierten Soldaten, Januar 1947 © United States Holocaust Memorial Museum, courtesy of Robert L. Kaplan, 67788

Brief der Familie Nothmann vom 6. März 1947 © Courtesy of the Leo Baeck Institute, New York, AR 10492

Displaced Persons (DPs) in Berlin

Direkt nach Kriegsende fanden die alliierten Armeen im späteren Gebiet der westlichen Besatzungszonen etwa sieben Millionen Displaced Persons vor. Faktisch zählten dazu befreite KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter:innen, Kriegsgefangene und Vertragsarbeiter:innen. Die deutschen aus mittel- und osteuropäischen Gebieten Geflüchteten und Vertriebenen bekamen keinen DP-Status. In der sowjetischen Besatzungszone gab es keinen DP-Status.

„Feindliche Blicke treffen sich. Was will man von ihnen, den Deutschen? Von den Göttern, den Seelenschuldigen? […] Uns hat man aus den KZs herausgenommen und wieder in ein Lager geführt. Man kann doch wohl nicht Menschen, die jahrelang eingesperrt gewesen sind, auf einmal freilassen.“

Undser Lebn, 25. August 1946

Das deutsch-jüdische Ehepaar Otto und Elga Nothmann hatte mit ihrer Tochter Leonie in einem sowjetischen Zwangsarbeitslager in Karaganda (Kasachstan) überlebt. Am 3. März erreichten sie Berlin, wo sie zunächst im von der Jüdischen Gemeinde eingerichteten Auffanglager am Eichborndamm in Wittenau unterkamen. Von dort aus schrieben sie Briefe an ihre Verwandten, in denen sie um Kleidung baten. © Courtesy of the Leo Baeck Institute, New York, AR 10492

Die jüdischen DPs waren zunächst eine relativ kleine Gruppe. Nach der Befreiung kehrten sie auf der Suche nach Familienmitgliedern in ihre Heimatstädte zurück. Oft mussten sie dort feststellen, dass ihnen nichts und niemand mehr geblieben war. Auch viele Geflüchtete, die in der Sowjetunion überlebt hatten, kehrten zunächst nach Polen zurück. Neue antisemitische Übergriffe und Pogrome, wie 1946 im polnischen Kielce, zwangen gerade im darauffolgenden Jahr eine große Zahl polnischer Jüdinnen:Juden zur Flucht.

Die Untergrundbewegung Brichah („Flucht“) half jüdischen Überlebenden aus Polen bei der Flucht ins Ausland. So schleuste sie etwa 250.000 Menschen auf verschiedenen Wegen in die westlichen Besatzungszonen in Deutschland und Österreich sowie nach Italien. Eine Route führte über Szczecin (Stettin) nach Berlin. Viele Flüchtende tarnten sich auf dieser Route als deutsche Vertriebene und reisten so in Transporten mit.

„Ich bin noch so durcheinander von allen Erlebnissen, dass ich es noch nicht fassen kann, dass wir gesund nach allen den furchtbaren Erlebnissen u. Strapazen der letzten Jahre hier sind und leben […].“

Elga Nothmann, 6. März 1947

 

 

 

 

Nächster Eintrag