Das skizzierte Exil – Traugott Fuchs‘ Kohlezeichnungen von Istanbul

Traugott Fuchs folgte seinem Lehrer Leo Spitzer aus Protest gegen dessen Entlassung durch die Nazis und aus politischen Überzeugungen ins türkische Exil, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Neben seinen akademischen Tätigkeiten schuf Fuchs im Laufe seines Lebens ein reiches künstlerisches und literarisches Werk, das bezeugt, wie nah er sich dem Exil fühlte, das seine Heimat wurde. Die hier gezeigten Kohlezeichnungen von Istanbul entstanden vor 1945 und fielen beinahe einem Brand in Fuchs‘ Wohnung zum Opfer.

Traugott Fuchs, Istanbul vor 1945, aus Verzeichnis Kohlezeichnungen, 05 © Hermann Fuchs.

Traugott Fuchs, Istanbul vor 1945, aus Verzeichnis Kohlezeichnungen, 6 © Hermann Fuchs.

Traugott Fuchs, Istanbul vor 1945, aus Verzeichnis Kohlezeichnungen, 8 © Hermann Fuchs.

Traugott Fuchs, Istanbul vor 1945, aus Verzeichnis Kohlezeichnungen, 11. © Hermann Fuchs.

Traugott Fuchs, Istanbul vor 1945, Friedhof, aus Verzeichnis Kohlezeichnungen, 16 © Hermann Fuchs.

Traugott Fuchs, Istanbul vor 1945, Boote, aus Verzeichnis Kohlezeichnungen, 25 © Hermann Fuchs.

Traugott Fuchs, Istanbul vor 1945, Blick auf Altistanbul, aus Verzeichnis Kohlezeichnungen, 27 © Hermann Fuchs.

Traugott Fuchs (1906-1997) hatte unter dem Romanisten Leo Spitzer in Köln studiert. Als Spitzer nach der nationalsozialistischen Machtergreifung entlassen wurde, begann Fuchs aus politischer Überzeugung eine solidarische Protestaktion, wodurch er sich selbst zur Zielscheibe machte. 1934 folgte Fuchs seinem Lehrer ins Istanbuler Exil. Dort lehrte er unter anderem an der Fremdsprachenschule, der Philosophischen Fakultät an der Universität Istanbul und am amerikanischen Robert College (ab 1971 Boğaziçi University) Französisch, Deutsch und deutsche Sprach- und Literaturgeschichte und arbeitete für Spitzer und später für den Romanisten Erich Auerbach. Neben seinen bis 1978 andauernden akademischen Tätigkeiten war Fuchs unablässlich künstlerisch und schriftstellerisch tätig. Er schrieb Gedichte und Elegien, übersetzte türkische Literatur ins Deutsche, malte und zeichnete. 11Vgl. Dogramaci, Burcu, 2021: Traugott Fuchs. In: METROMOD Archive,  https://archive.metromod.net/viewer.p/69/2949/object/5138-10832903, last modified: 14-09-2021 (08.11.2021).

Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Exilierten entschied sich Fuchs dafür, bis zu seinem Tod in Istanbul zu bleiben. Auch wenn er intensive Kontakte zu einigen der exilierten Intellektuellen pflegte und in ihre Netzwerke eingebunden war, beschränkte er sich nicht auf dieses soziale Umfeld. Er suchte die Nähe zur türkischen Bevölkerung, lernte Türkisch und setzte sich intensiv mit der türkischen Geschichte, Kultur und Politik auseinander. Sein künstlerisches und literarisches Werk ist Zeugnis dieser Auseinandersetzung und des nahen und warmen Blicks, den Fuchs auf sein Exil hatte, das zu seiner Heimat wurde. In Porträts, Landschafts- und Stadtansichten, Stillleben und Alltagsszenen entfaltet sich Fuchs‘ Blick auf die Türkei über Jahrzehnte. Neben Istanbul bildete er auch andere Städte und Landschaften ab, darunter die anatolische Kleinstadt Çorum, in der er, wie viele andere deutsche Exilierte, ab 1944 für 13 Monate interniert war.

Die hier gezeigte Reihe von Kohlezeichnungen ist vor 1945 in Istanbul entstanden. Die Brandränder stammen von einem Feuer, das eine von Fuchs‘ Wohnungen zerstörte und mit ihr viele Bilder. Der Brand zwang Fuchs, der zeitlebens unter prekären Bedingungen lebte, zu einem seiner zahlreichen Umzüge innerhalb Istanbuls. 22Die verschiedenen Lebensorte von Traugott Fuchs wurden mithilfe seines Neffen Hermann Fuchs im Metromod Archiv abgebildet. Vgl. Dogramaci, Burcu, 2021: Traugott Fuchs. In: METROMOD Archive,  https://archive.metromod.net/viewer.p/69/2949/object/5138-10832903, last modified: 14-09-2021 (08.11.2021).

    Fußnoten

  • 1Vgl. Dogramaci, Burcu, 2021: Traugott Fuchs. In: METROMOD Archive,  https://archive.metromod.net/viewer.p/69/2949/object/5138-10832903, last modified: 14-09-2021 (08.11.2021).
  • 2Die verschiedenen Lebensorte von Traugott Fuchs wurden mithilfe seines Neffen Hermann Fuchs im Metromod Archiv abgebildet. Vgl. Dogramaci, Burcu, 2021: Traugott Fuchs. In: METROMOD Archive,  https://archive.metromod.net/viewer.p/69/2949/object/5138-10832903, last modified: 14-09-2021 (08.11.2021).

Alle Bilder: Traugott Fuchs, Istanbul vor 1945, Verzeichnis Kohlezeichnungen © Hermann Fuchs.

Unser herzlicher Dank gilt Hermann Fuchs für die Unterstützung bei der Recherche und für die Erlaubnis, die Bilder im We Refugees Archiv zu zeigen.