Die DP-Theater-Gruppe „Baderech“ verkündet ihre Neugründung.
Es geht uns immer wieder darum, die Schatten von gestern zu überwinden. […] Wir brauchen künstlerische Selbstbetätigung, wir haben das Recht auf Individualismus: Jahre hindurch sollten wir als Masse sterben; nun ist die Zeit gekommen, da wir als Volk leben wollen! Unser kleines Theater am Rande Berlins, der Durchgangsstation auf dem Wege zu einem neuen Leben, ist der erste Schritt dazu.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Berlin zum Zufluchtsort für Millionen von Geflüchteten und Displaced Persons. Unter den DP-Status fielen mehrere Gruppen von Menschen, die ihr Zuhause durch Krieg, Versklavung und Verfolgung verloren hatten. So fanden sich neben ehemaligen Zwangsarbeiter:innen, ausländischen Vertragsarbeiter:innen und Kriegsgefangenen auch jüdische Displaced Persons in Berlin wieder. Sie waren aus nationalsozialistischen Konzentrationslagern oder auf Todesmärschen befreit worden oder kehrten aus dem Exil zurück. Sie nannten sich she’erit hapletah, „die letzten Überlebenden“. Für die meisten von ihnen war Deutschland als das Land der Täter:innen der letzte Ort, an dem sie bleiben wollten.
In der zerstörten Stadt wurden drei größere Durchgangslager für jüdische DPs eingerichtet. Die erneute Unterbringung in Durchgangslagern wirkte auf viele jüdische DPs retraumatisierend. Innerhalb weniger Monate entwickelten sich die Lager zu selbstverwalteten kleinen Städten innerhalb des Stadtraums Berlin. Die Lager blieben nur bis 1948 bestehen, doch einige Bewohner:innen blieben für immer.
Schauspieler*in aus der DP-Theater-Gruppe „Baderech“ in der jüdischen Zeitung Der Weg, vom 05.09.1946.