Ein 15-Jähriger Junge berichtet in der DP-Lager-Zeitung Undser Lebn über seine Erfahrungen im Krieg und seiner Forderung der Gründung eines jüdischen Staates.
Die Lagerzeitung Undser Lebn interviewte im September 1946 Kinder aus dem DP-Lager „Düppel-Center“ in Schlachtensee. Sol Zvi (rechte Spalte, zweites Bild von oben), 15 Jahre alt, erzählte dabei von seinen Erlebnissen:
„1942 hat man mich und meinen jüngeren Bruder zusammen mit meinen Eltern nach Majdanek deportiert. Meine Eltern sind dort auf Ewig geblieben. Mein Bruder und ich nutzten eine Gelegenheit, um in den Wald zu entlaufen, wo wir drei Jahre zusammen mit Partisanen gelebt haben. Bei den Partisanen habe ich auch Kampfmissionen ausgeführt. Dort [in ‚Eretz Israel‘] will ich auf eine technische Schule gehen. Wir waren lange genug im Exil. In allen anderen Ländern kann uns Juden das zustoßen, was wir schon einmal durchgemacht haben. Jedes Volk muss sein eigenes Land haben.“ Ist unter Pionier*innen zu finden.“
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Berlin zum Zufluchtsort für Millionen von Geflüchteten und Displaced Persons. Unter den DP-Status fielen mehrere Gruppen von Menschen, die ihr Zuhause durch Krieg, Versklavung und Verfolgung verloren hatten. So fanden sich neben ehemaligen Zwangsarbeiter:innen, ausländischen Vertragsarbeiter:innen und Kriegsgefangenen auch jüdische Displaced Persons in Berlin wieder. Sie waren aus nationalsozialistischen Konzentrationslagern oder auf Todesmärschen befreit worden oder kehrten aus dem Exil zurück. Sie nannten sich she’erit hapletah, „die letzten Überlebenden“. Für die meisten von ihnen war Deutschland als das Land der Täter:innen der letzte Ort, an dem sie bleiben wollten.
In der zerstörten Stadt wurden drei größere Durchgangslager für jüdische DPs eingerichtet. Die erneute Unterbringung in Durchgangslagern wirkte auf viele jüdische DPs retraumatisierend. Innerhalb weniger Monate entwickelten sich die Lager zu selbstverwalteten kleinen Städten innerhalb des Stadtraums Berlin. Die Lager blieben nur bis 1948 bestehen, doch einige Bewohner:innen blieben für immer.
Im August 1946 erschien die erste Ausgabe der jiddischsprachigen Lagerzeitung Undser Lebn, die das zentrale Organ des Lagerlebens sein sollte. Oft humoristisch geschrieben, widmeten sich die Autoren Themen von sozialem, politischem und kulturellem Interesse. Die Zeitung erschien in unregelmäßigen Abständen und hatte eine Auflage von bis zu 3.000 Stück. Darüber hinaus erschienen in den DP-Lagern zahlreiche jiddischsprachige Publikationen. Separate jiddische Bibliotheken wurden eingerichtet.