Unterstützungsanfrage von Lessie Sachs Wagner an die American Guild for German Cultural Freedom, November 1939

Lessie Sachs Wagner (1872-1942) fragt nach finanzieller Unterstützung in diesem Brief an die American Guild for German Cultural Freedom.

Josef Wagner

162 West 72nd St

New York

New York, N.Y., 8 Nov

 

Sehr geehrte Herren!-

Ich habe vor Monaten von Herrn Zuellsdorff einen Fragebogen zugeschickt bekommen, und, da mir sehr viel daran liegt, eine Beihilfe durch die American Guild zu bekommen, habe ich ihn ausgefüllt, und auch Manuskripte hingeschickt.

Mir liegt hauptsächlich daran, einen kleinen Gedichtband zu veröffentlichen. Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie mir behilflich sein könnten. Der Gedichtband war kurz vor der Veröffentlichung in Berlin, seinerzeit.

Alle Einwendungen gegen eine Gedichtband sind mir bekannt, aber warum soll der lyrische Dichter nie, nie mehr zu Worte kommen?? Alles Material auch Kritiken über mich, sind in Ihren Händen!

Mit vielen Dank im Voraus,

Ihre sehr eigene,

Lessie Sachs Wagner

Lessie Sachs-Wagner (1872-1942) geboren in Breslau war eine deutsche Künstlerin, Dichterin und Autorin jüdischen Ursprungs. Sie studierte an der Breslauer Akademie für Kunst und Kunstgewerbe und danach an der Mal- und Zeichenschule für Frauen in München. Während sie in München studierte trat sie in 1919 der Kommunistischen Partei Deutschlands KDP bei. Sie wurde im Jahr 1920 für sechs Monate im Strafgefängnis Breslau XII inhaftiert. In dieser Zeit schrieb sie weiterhin Gedichte.

Im Jahr 1933 heiratete sie den Pianist Josef Wagner. Ein Jahr später wurde ihre Tochter Dorothee geboren. Die Familie entschied im Jahr 1937 Deutschland verlassen. Sie flüchteten in die Vereinigten Staaten, wo sie in New York lebten. Sie starb 1942 an Krebs. Nach ihrem Tod veröffentlichte Josef Wagner den Band „Tag- und Nachtgedichten“ aus ihren Gedichten mit einem Vorwort von Heinrich Mann.

Die American Guild for German Cultural Freedom war eine Organisation, die deutschen Künstlern, Schriftstellern und Intellektuellen im Exil half, deren Arbeitsmöglichkeiten durch die faschistische Regierung in Deutschland beeinträchtigt waren. Das Ziel der Organisation war es, die deutsche Kultur außerhalb Deutschlands am Leben zu erhalten. Die American Guild for German Cultural Freedom half diesen Menschen durch finanzielle Unterstützung. Die Flucht- udn Ankommenserfahrung der deutschen Exilierten war für jeden Einzelnen unterschiedlich. Eine der Hauptschwierigkeiten ist die Anpassung an einen völlig neuen Ort und das Auffinden eines Unterstützungssystems. Die American Guild for German Cultural Freedom versuchte, die deutschen Exilierten so zu unterstützen, dass sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren konnten.

Brief von Lessie Sachs Wagner an die American Guild for German Cultural Freedom, November 1939 © Deutsches Exilarchiv 1933–1945 der Deutschen Nationalbibliothek.