Internationale Konferenz der deutschen Emigranten am 19./20.6., Paris
Satzungen der
Association des Emigrés Israélites d’Allemagne en France.
1. Teil: Allgemeine Bestimmungen.
Art. 1 – Die Association des Emigrés Israélites d’Allemagne en France ist ein angemeldeter Verein gemaess den Bestimmungen des Art. 5 des Gesetzes vom 1. Juli 1901 und unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes sowie den nachfolgenden Satzungen.
Art. 2 – Die Vereinigung hat die israelitischen Fluechtlinge aus Deutschland zusammenzuschliessen und ihre gemeinsame wirtschaftlichen Interessen in Einklang mit den allgemeinen Interessen der franzoesischen Nation zu setzen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist sie bemueht:
a) diejenigen Mittel zu suchen und anzuwenden, die geeignet sind, die geistige und materielle Lage ihrer Mitglieder zu verbessern und ihre Anpassung an das soziale und wirtschaftliche Leben Frankreichs zu erleichtern. Bei dieser Wirksamkeit wird die Vereinigung stets in voller Uebereinstimmung mit allen franzoesischen Behoerden handeln;
b) ihren Mitgliedern in der Verteidigung ihrer wirtschaftlichen Rechte beizustehen und deren gegenseitige Hilfe zu organisieren;
c) die soziale, geistige und sportliche Taetigkeit ihrer Mitglieder zu unterstuetzen und die freundschaftlichen Beziehungen untereinander zu pflegen.
Art. 3 – Jede politische Taetigkeit sowohl der Vereinigung selbst wie der Mitglieder innerhalb der Vereinigung ist ausdruecklich untersagt. Die Vereinigung verpflichtet ihre Mitglieder, die franzoesischen Gesetze und die Sitten des Landes gewissenhaft zu achten.
Art. 4 – Der Sitz der Vereinigung ist Paris.
Art. 5 – Die Dauer der Vereinigung ist unbegrenzt.
2. Teil: Mitglieder, Beitraege.
Art. 6 – Jedermann kann Mitglied der Vereinigung werden, sofern der Vorstand die Aufnahme bewilligt; der Vorstand kann die Aufnahme bei Angabe von Gruenden verweigern.
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Art. 7 – Jedes Mitglied ist zur Zahlung eines Mitgliedbeitrages verpflichtet. Der Betrag ist auf 4,– frs. monatlich fuer ein Einzelmitglied, und auf 6,– frs. fuer eine Familie festgesetzt.
Jedoch ist der Vorstand berechtigt, den Mitgliedsbeitrag ganz allgemein oder in besonderen Faellen, sofern er es fuer angebracht erachtet, herabzusetzen.
Art. 8 – Der Vorstand kann denjenigen zum Ehrenmitglied ernennen, der sich um die Vereinigung besonders verdient gemacht hat.
Art. 9 – Der Austritt aus der Vereinigung kann jederzeit erfolgen, sofern der bereits faellige Mitgliedsbeitrag und der Beitrag fuer das laufende Jahr bezahlt ist.
Art. 10 – Der Vorstand ist berechtigt, die Streichung eines Mitgliedes vorzunehmen,
a) wenn das Mitglied seinen Wohnort gewechselt hat, ohne seine neue Adresse anzugeben,
b) wenn das Mitglied mit seinen Beitraegen laenger als drei Monate in Rueckstand ist und wenn die geschuldete Summe nicht binnen einem Monat nach Erhalt eines eingeschriebenen Briefes entrichtet ist, in dem auf die Folgen der Nichtzahlung hingewiesen ist,
c) wenn das Mitglied durch sein Verhalten entweder die Satzungen oder die Interessen der Vereinigung verletzt hat oder wenn ein anderer wichtiger Grund vorliegt.
Art. 11 – Die Streichung wird dem betreffenden Mitglied, sofern seine Adresse bekannt ist, durch eingeschriebenen Brief mitgeteilt. Die Streichung wird wirksam mit ihrer Vornahme selbst. Jedes gestrichene Mitglied hat jedoch das Recht, innerhalb eines Monats nach der Mitteilung an die Generalversammlung zu appellieren.
Die Streichung hat keinen Einfluss auf die Verpflichtung zur Zahlung der faelligen Mitgliedsbeitraege sowie der Beitraege fuer das laufende Jahr.
3. Teil. Verwaltung der Vereinigung.
Art. 12 – Der Vorstand besteht aus mindestens drei und hoechstens sieben Mitgliedern. Er ist berechtigt, sich bis zur Hoechstzahl von sieben Mitgliedern durch Kooptation zu ergaenzen, die Aemter unter sich zu verteilen und die Art seiner Geschaeftsfuehrung zu regeln.
Art. 13 – Die ordentliche Generalversammlung aller Mitglieder tritt regelmaessig im ersten Vierteljahr jeden Jahres zusammen. Sie nimmt den Vorstandsbericht entgegen und waehlt den Vorstand. Jedes ausscheidende Mitglied des Vorstandes kann wiedergewaehlt werden.
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Art. 14 – Der Vorstand ist befugt, eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen, sofern er es fuer zweckmaessig erachtet. Er ist dazu verpflichtet, sofern 20 Mitglieder dies schriftlich unter Angabe der Tagesordnung verlangen.
Art. 15 – Die Einladungen sowohl zu einer ordentlichen wie einer ausserordentlichen Generalversammlung haben schriftlich zu erfolgen unter summarischer Angabe der Tagesordnung. Die Einladungen sind acht Tage vor der Sitzung abzusenden. Fuer die Mitglieder, die einer Familie angehoeren, kommt nur eine gemeinsame Einladung zum Vorstand; jedoch hat jedes anwesende Mitglied gesondertes Stimmrecht.
Art. 16 – Der Vorstand ist verpflichtet, einen Gegenstand auf die Tagesordnung zu setzen, wenn dieser ihm einen Monat vor der Sitzung schriftlich von zehn Mitgliedern unterschrieben angezeigt wird.
Art. 17 – In jeder Mitgliederversammlung koennen ein oder mehrere, hoechstens jedoch drei Mitglieder zur Kassenpruefung bestimmt werden.
Art. 18 – Eine Statutenaenderung oder die Aufloesung der Vereinigung kann, sofern dieser Gegenstand auf der Tagesordnung steht, nur mit einer Stimmenmehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder vorgenommen werden.
Art. 19 – Im Falle der Aufloesung bestimmt die Generalversammlung ueber die Verwendung des Vereinsvermoegens und bezeichnet einen oder mehreren Liquidatoren.
Art. 20 – Der Vorstand hat die Formalitaeten der Anmeldung und der vorgeschriebenen Veroeffentlichungen gemaess dem Gesetze vom 1. Juli 1901 und dem Dekret vom 16. August 1901 zu erledigen. Zu diesem Zwecke sind die erforderlichen Vollmachten auf einen Delegierten des Vorstandes uebertragen.
Vor 1933 lebten in Deutschland zwischen 500 000 und 600 000 Jüdinnen*Juden. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung flohen innerhalb von wenig mehr als fünf Jahren, bis Mitte 1938, etwa 150 000 Jüdinnen*Juden aus dem „Deutsche Reich.“ Über 20 000 von ihnen versuchten, sich in Frankreich, insbesondere in Paris, eine neue Existenz aufzubauen. Hier entstand ein reges Vereinswesen und Netzwerk aus Hilfsorganisationen. Im April 1933 gründete sich in diesem Milieu die Association des Emigrés Israëlites d’Allemagne en France, die laut Satzungsartikel 2 zur Aufgabe hatte, „die israelitischen Fluechtlinge aus Deutschland zusammenzuschliessen und ihre gemeinsame wirtschaftlichen Interessen in Einklang mit den allgemeinen Interessen der franzoesischen Nation zu setzen“. Sie baute im Winter 1934/35, im Angesicht der Not vieler Geflüchteter, ein ehrenamtliches Hilfswerk auf, führte kulturelle Veranstaltungen durch und war insbesondere auch im religiösen Bereich tätig und somit eine Art Synagogengemeinde.