קומענדיק קײן װילנע, האָב איך זיך גלײַך גענומען צוריק צו געזעלשאַפֿטלעכער אַרבעט. כ’האָב קודם־כּל אָנגעשריבן אַן אַרבעט װעגן מײַן װאַנדערװעג פֿון לאָדזש קײן װילנע. די אַרבעט האָב איך געגעבן נח פּרילוצקי, װעלכער האָט מיט „דזשאָינט“־מיטלען שוין באַװיזן צו אָרגאַניזירן אַ היסטאָרישע קאָמיסיע צו זאַמלען אַלע מעגלעכע מאַטעריאַלן פֿון דער דאָזיקער צײַט. סעקרעטאַר פֿון דאָזיקן ביוראָ איז געװען הערש גוטגעשטאַלט (אַ בונדיסט פֿון װאַרשע). דאָס ביוראָ האָט אויפֿגעזאַמלט אַ געװאַלטיקע צאָל מאַטעריאַל װעגן דײַטשישע רציחות אין אַ רײ שטעט און שטעטלעך פֿון פּוילן, פֿאַר די ערשטע חדשים פֿון זײער הערשאַפֿט. ידיעות פֿון יענער זײַט פֿלעגן אָנקומען כּסדר דורך פּליטים. עס האָבן זיך אין דער געהײמער קאָמיסיע אָנגעזאַמלט גבֿיות־עדותן, דאָקומענטן, געלע לאַטעס, מיט מגן־דוד’ס אין פֿאַרשידענע פֿאָרמען, דײַטשע אונטערדריקונגען, פֿאַראָרדענונגען א.אַ.װ.
Als ich nach Vilnius kam, habe ich direkt meine gesellschaftlichen Aktivitäten wieder aufgenommen. Ich habe zuallerest eine Arbeit über meine Wanderung von Łódź nach Vilnius verfasst. Die Arbeit habe ich Noyekh Prilutski gegeben, der es schon mit Joint-Mitteln geschafft hatte, eine historische Kommission zu organisieren, um alle möglichen Materialien dieser Zeit zu sammeln. Sekretär dieses Büros war Hersh Gutgeshtalt (ein Bundist aus Warschau). Das Büro hat eine gewaltige Menge von Material über die deutschen Verbrechen in einer Reihe von Städten und Shtetlekh in Polen in den ersten Monaten ihrer Herrschaft angesammelt. Neuigkeiten von der anderen Seite kamen die ganze Zeit durch Geflüchtete an. In der geheimen Kommission hatten sich Zeugenaussagen, Dokumente, gelbe Abzeichen mit Davidsternen in verschiedenen Formen, deutsche Repressionen, Verordnungen etc. angesammelt.
In der Zwischenkriegszeit war Balberyszski Herausgeber der jiddischen Zeitung Der Tog (Der Tag) in seiner Heimatstadt Vilnius. Er verließ Vilnius und wurde Mitglied der polnisch-jüdischen Folkspartey, um für kulturelle Autonomie der polnischen Judenheit zu streiten. 1925 gründete Balberyszski in Łódź den Verbund jüdischer Handwerker und Kleinunternehmer und wurde der Präsident der größten jüdischen Hilfsorganisation Noten Lekhem. 1939 führte er die Polnische Demokratische Partei an, einer der drei wichtigsten politischen Parteien im Polen der Zwischenkriegszeit.
In den ersten Septembertagen 1939 entschloss er sich vor der deutschen Wehrmacht nach Vilnius zu fliehen, wo er am 29. September erleichtert ankam. Hier beteiligte er sich an einem großen Dokumentationsprojekt deutscher Verbrechen, das von der jüdischen Geflüchtetengemeinschaft mit Noyekh Prilutski als Initiator und mit der finanziellen Unterstützung des Joint ins Lebens gerufen wurde. Im November 1939 gegründet, gilt das sogenannte Komitet tsu zamlen materialn vegn yidishn khurbn in Poyln 1939 (Komitee zum Sammeln von Material über die Zerstörung jüdischer Gemeinden in Polen 1939) als eine der frühesten historischen jüdischen Komission, die im Schatten des einsetzenden Holocaust dokumentarisch Widerstand leistete.
Nach der deutschen Besatzung Litauens, überlebte Balberyszski die „Liquidierung“ des kleinen und großen Ghettos in Vilnius und erlebte die Befreiung durch die Rote Armee in einem Konzentrationslager in Estland. Nach Kriegsende emigrierte er nach Australien und engagierte sich weiter aktiv in jüdischer Gemeindearbeit. Er gründete die Gesellschaft von Partisanen und Lagerüberlebenden, von der er der Präsident wurde. Seine Erinnerungen, darunter auch dieser Text, wurden 1967 unter dem Titel Shtarker fun ayzn : Iberlebungen in der Hitler-tkufe veröffentlicht.
Exzerpt:
Mendel Balberyszski, Shtarker fun ayzn : Iberlebungen in der Hitler-tkufe, Band 1 (Tel Aviv: HaMenorah, 1967), S. 88.
Von der Steven Spielberg Digital Yiddish Library des Yiddish Book Center.