„Mon oncle est l’un des premiers Espagnols arrivés ici. C’est pas la vie rêvée quand on s’en va de ses racines. Il ne savait pas écrire et bien sûr pas parler français. Il avait juste une adresse à la Montjoie, chez la famille Serrano. Il est arrivé gare d’Austerlitz avec un ami de son village ; comme bagage, ils portaient des sacoches de cheval en travers de l’épaule. Il m’a raconté qu’à la gare, les gens les regardaient comme des Martiens, qu’ils essayaient presque de les toucher. […] Ma mère ne savait ni lire ni écrire. Dans le métro, elle se repérait en comptant les stations et en prenant des points de repère visuels.“
„Mein Onkel war einer der ersten Spanier, die hierher kamen. Es ist nicht das Leben, von dem man träumt, wenn man seine Wurzeln verlässt. Er konnte nicht schreiben und natürlich konnte er kein Französisch sprechen. Er hatte nur eine Adresse in La Montjoie, bei der Familie Serrano. Er kam mit einem Freund aus seinem Dorf am Bahnhof Austerlitz an; als Gepäck trugen sie Satteltaschen über die Schultern. Er erzählte mir, dass die Leute am Bahnhof sie wie Marsmenschen ansahen und fast versuchten, sie zu berühren. […] Meine Mutter konnte weder lesen noch schreiben. In der U-Bahn konnte sie sich durch Zählen der Stationen und visuelle Hinweise orientieren.“
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert entstand das sogenannte „Kleine Spanien“ im Pariser Vorort La Plaine Saint-Denis. 1931 machten Spanier*innen mit 4,5 Prozent der Gesamtbevölkerung in La Plaine Saint-Denis die größte Einwanderergemeinschaft aus.
Verschiedene spanische Migrant*innen hatten sich in Saint-Denis, Saint-Ouen und Aubervilliers nach drei zu unterscheidenden Migrationsbewegungen angesiedelt. Sogenannte Wirtschaftsmigrant*innen prägten das Jahrzehnt der 1920er, hierunter auch Fé Garcia Petits Onkel. Nach der Zerschlagung des Aufstands in Asturien Ende 1934 fingen vor allem politische Geflüchtete an, in die Pariser Vororte einzutreffen und ihre Zahl stieg bis 1950 um circa 1,5 Millionen, insbesondere nach der Niederlage des republikanischen Lagers im Spanischen Bürgerkrieg 1939. Zwischen 1955 und 1970 folgte eine weitere Generation von spanischen Wirtschaftsmigrant*innen.
Die Verbindung nach Spanien blieb für viele auch nach der Migration bestehen. Als der Bürgerkrieg (1936-1939) in Spanien wütete, machten sich beispielsweise einige ethnisch-spanische Männer im Alter von 18 bis 46 aus der Plaine Saint-Denis auf den Weg zurück nach Spanien, um im republikanischen Lager zu kämpfen. Diejenigen, die in „Klein Spanien“ blieben, organisierten Unterstützungsnetzwerke für Kommunist*innen oder Anarchist*innen.
Die Aufnahmeerfahrungen unterschieden sich für spanische Migrant*innen in Abhängigkeit vom jeweiligen französischen Migrationsregime. Dieses wiederum veränderte sich mit der wirtschaftlichen und politischen Lage Frankreichs, doch Ausgrenzung und Diskriminierung beherrschte das Leben vieler, egal wann sie ankamen. Als Anfang 1939 beispielsweise spanisch-republikanische Bürgerkriegs-Geflüchtete einen buchstäblichen Exodus Richtung Frankreich antraten, von denen es viele auch nach Paris und Umgebung verschlug, wurde es nur allzu augenscheinlich, dass sich Frankreich vom Land der Geflüchteten zum Land des erzwungenen Transits gewandelt hatte. Denn obwohl die französischen Autoritäten Ende der 1930er inzwischen sehr gut darauf vorbereitet gewesen wären, spanische Bürgerkriegsgeflüchtete „human“ aufzunehmen, sprachen die innen- und außenpolitischen sowie wirtschaftlichen Entwicklungen offensichtlich dagegen: Einwanderung sollte unter der rechtsgerichteten Regierung Édouard Daladiers stark eingegrenzt werden und Geflüchteten so erschwert werden, in Frankreich zu bleiben.
Auszug aus dem Interview mit Fé Garcia Petit, geführt von Natacha Lillo, Dozentin für spanische Zivilisation an der Universität Paris-Diderot (Paris 7), am 9. März 2001 in Garges-les-Gonesses.
Natacha Lillo, La Petite Espagne de la Plaine Saint-Denis (Paris: Autrement, 2004).
Übersetzung ins Deutsche © Minor Kontor.