Sami über seine Entscheidung zu fliehen

Im Interview spricht der politische Aktivist und Geflüchtete Sami 11Name geändert über seine Entscheidung, Syrien zu verlassen und in die Vereinigten Staaten zu kommen. Das Interview wurde aus Gründen der Länge und Klarheit bearbeitet.

    Fußnoten

  • 1Name geändert
Washington D.C. © Sami, privates Foto

Let’s start with the reason you left Syria. Or, if you want, you can also talk about your migration route more broadly.

So, we left Syria following two detentions. And then, following my third detention attempt, I escaped. Basically, I tried to stay in the country hoping things would work out. But afterwards, the government took my little brother, so I decided to take him and leave. So, my decision to leave was at the beginning, mostly just to make sure I’m… we’re in a safer environment.

It wasn’t really a decision to completely leave the country. That was in July 2011. But, by September 2011 it was clear that there’s a kind of like a new route back. So that’s when we decided to, you know at least leave on the…medium term. Basically we stayed in the region for some time like settled a little bit and then figure out when we can go back. So, we left Syria to Lebanon and then to Egypt… But I didn’t really settle anywhere. I was just traveling in the region following wherever the [Syrian] opposition activity was and I came to the US and then when it came to the US I guess feeling like home here in the US made me make the decision. And, of course, following what was happening on the ground, I realized there’s no opportunity for me to go back. That’s when I decided to stay.

And which city did you arrive to? Did you really settle into?

I arrived in Atlanta, I stayed for few months in Syracuse cause I was doing a program there, but Washington was the place I first settled in. When I wasn’t in a hotel room, basically.

And would you have stayed in Syria if you had the choice?

At the time, yes. 100%.

And what was sort of your decision making process like?

I mean, it was a combination of couple of factors. So, one was whether I was unsafe or not. And two, whether my activities would affect the safety of my family or not. Three, I guess to a lesser extent, is whether I was able to continue my kind of normal life. So, basically we’re able to go back to school, go back to work and all of that. […] When I was in Syria, I think coming to the US and realizing, in a sense, not realizing what I’m missing. But in a way, after prison you really appreciate what freedom really means. In the region there was no such a thing as kind of like being free, being yourself. And I felt…I had the feeling that I can be that in the US … like, I know what real freedom really means. And anything that became another factor later in my decision on where to stay and whether to go back or not.

If you tell me today: Would you go back to Syria now if you can go back safely? I would tell you like that I need to think about it.

Lassen Sie uns mit dem Grund beginnen, warum Sie Syrien verlassen haben. Wenn Sie möchten, können Sie auch allgemeiner über Ihren Migrationsweg sprechen.

Also, wir haben Syrien nach zwei Verhaftungen verlassen. Und nach dem dritten Versuch mich zu verhaften, bin ich geflohen. Im Grunde habe ich versucht, im Land zu bleiben, in der Hoffnung, dass sich die Dinge regeln würden. Aber dann holte die Regierung meinen kleinen Bruder, und ich beschloss, ihn mitzunehmen und zu fliehen. Meine Entscheidung, das Land zu verlassen, stand also am Anfang, vor allem um sicherzustellen, dass ich… wir in einer sichereren Umgebung sind.

Es war nicht wirklich die Entscheidung, das Land komplett zu verlassen. Das war im Juli 2011. Aber im September 2011 war klar, dass es eine Art neuen Weg zurück gibt. Da haben wir beschlossen, zumindest mittelfristig zu gehen. Im Grunde genommen blieben wir einige Zeit in der Region, um uns ein wenig einzuleben und dann herauszufinden, wann wir zurückkehren können. Wir verließen also Syrien und gingen in den Libanon und dann nach Ägypten… Aber ich habe mich nirgendwo wirklich niedergelassen. Ich reiste einfach durch die Region und verfolgte die Aktivitäten der [syrischen] Opposition, bis ich in die USA kam und als sie in die USA kam und ich begann mich zuhause zu fühlen, traf ich die Entscheidung. Und als ich die Geschehnisse vor Ort verfolgte, wurde mir klar, dass es für mich keine Möglichkeit gibt, zurückzugehen. Da habe ich mich entschieden zu bleiben.

Und in welcher Stadt sind Sie angekommen? Haben Sie sich dort wirklich eingelebt?

Ich kam in Atlanta an, ich blieb einige Monate in Syracuse, weil ich dort ein Programm absolvierte, aber Washington war der Ort, an dem ich mich zuerst niederließ. Also, wenn ich nicht in einem Hotelzimmer war.

Und wären Sie in Syrien geblieben, wenn Sie die Wahl gehabt hätten?

Zu der Zeit, ja. Zu 100 Prozent.

Und wie sah Ihr Entscheidungsprozess aus?

Ich meine, es war eine Kombination aus mehreren Faktoren. Erstens, ob ich in einer unsicheren Situation war oder nicht. Und zweitens, ob meine Aktivitäten die Sicherheit meiner Familie beeinträchtigen würden oder nicht. Und drittens, in geringerem Maße, ob ich in der Lage war, mein normales Leben weiterzuführen. Im Grunde können wir also wieder zur Schule gehen, wieder arbeiten gehen und all das. […] Als ich in Syrien war, denke ich, dass ich in die USA kam und in gewisser Weise nicht merkte, was ich verpasste. Aber in gewisser Weise weiß man nach dem Gefängnis erst richtig zu schätzen, was Freiheit wirklich bedeutet. In der Region gab es so etwas wie frei sein, man selbst zu sein nicht. Und ich hatte das Gefühl, dass ich in den USA so sein kann… ich weiß, was echte Freiheit bedeutet. Und alles, was damit zu tun hatte, wurde später zu einem weiteren Faktor bei meiner Entscheidung, wo ich bleiben und ob ich zurückkehren wollte oder nicht.

Wenn Sie mir heute sagen würden: Würden Sie jetzt nach Syrien zurückgehen, wenn Sie sicher zurückgehen können? Ich würde Ihnen sagen, dass ich darüber nachdenken muss.

Sami ist ein politischer Aktivist und Geflüchteter aus Syrien, der seit 2011 in den USA wohnt. Nach zwei Verhaftungen entschied sich Sami dafür, Syrien zu verlassen und floh zuerst in den Libanon und nach Ägypten mit seiner Familie. Seit September 2011 wohnt Sami in Washington D.C., in den USA.

Interview, welches das We Refugees Archiv Team mit Sami im Sommer 2022 führte. Das Interview wurde aus Gründen der Länge und Klarheit bearbeitet. Der Interviewte möchte anonym bleiben. Wir haben daher seinen Namen geändert.